Der größte Unterschied zum Sommerfest im vergangenen Jahr sind die Klatschpappen. Mit denen machen die Gäste während der Eröffnungsrede ordentlich Lärm. Besonders groß ist der Beifall, als der Präsident vom Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Berlin, Christian Andresen, die Beibehaltung von dem reduzierten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent für die Gastronomie fordert.

War beim letzten Sommerfest der Berliner Tourismuswirtschaft, initiiert von visitBerlin Partnerhotels, visitBerlin und Dehoga Berlin, hauptsächlich Erleichterung über die halbwegs überstandene Pandemie zu spüren, war es in diesem Jahr vor allem Verärgerung. Verärgerung darüber, dass die Bundesregierung sich keine Lösungen gegen den Fachkräftemangel einfallen lässt und Verärgerung über die steigenden Kosten.

Auf der Bühne der Kreuzberger Eventlocation „Spindler & Klatt“ sagt Andresen: „Wir kommen aus einer Krise, die insbesondere dem Tourismus und dem Gastgewerbe enorm zugesetzt hat.“ Und weil im Zuge dieser Krise, also der Pandemie, die Mehrwertsteuer auf Speisen im Rahmen des Corona-Steuerhilfegesetzes von 19 auf sieben Prozent bis Ende 2023 abgesenkt worden war – und diese Absenkung nun kurz vor dem Auslaufen ist, argumentiert Andresen weiter: „Es kann nicht im Sinne der Politik sein, dass sich durch weitere Preiserhöhungen Normalverdiener und Familien keinen Restaurantbesuch mehr leisten können. Wir brauchen unabdingbar die reduzierte Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie.“

Steuert Deutschland auf einen Unternehmermangel hin?

Überhaupt meint Andresen, dass viele Menschen in dieser Stadt sich ihr Leben nicht mehr leisten könnten, der Staat jedoch bei Lohnerhöhungen „kräftig“ mitverdiene. Das Problem ist ihm zufolge nämlich, dass dem Arbeitnehmer dadurch nicht genug übrigbleibe und der Arbeitgeber die Preise erhöhen müsse. „Die Spirale dreht sich weiter ins wirtschaftliche Nirwana”, sagt Andresen. Sollte die Bundesregierung nicht schnellstmöglich handeln, dann steuere Deutschland geradewegs auf einen Unternehmermangel zu. Beim Regierenden Bürgermeister, Kai Wegner (CDU), der zum ersten Mal in dieser Funktion auf dem Sommerfest spricht, rennt Andresen mit seiner Rede offene Türen ein. So zumindest klingt es, nachdem der Regierende ihn auf der Bühne ablöst und sagt: „Die Zeiten sind vorbei, in denen sich Unternehmer dafür entschuldigen müssen, dass sie Geld verdienen.“

Der Auftritt ist für Wegner quasi ein Heimspiel. Die Kritik, die von dem Verbandschef formuliert wird, richtet sich nicht an ihn und die Landespolitik, sondern fast ausschließlich an die Bundespolitik – an deren Regierung Wegners Partei, die Union, ja nicht beteiligt ist. Von Wegner heißt es zur Forderung zur gesenkten Mehrwertsteuer: „Wir brauchen die sieben Prozent weiterhin.“ Aber er könne die Bundesregierung nur bitten und auffordern, diese beizubehalten.

Das Thema, das weder Andresen, noch Wegner ansprechen, das für die Tourismuswirtschaft aber nicht unbedeutend ist, ist das Klima. Zu den drängenden Fragen der Zeit zählt Andresen nur „Arbeitskräftemangel, Inflation, Wohlstandsverlust von uns allen und Zuwanderung und Integration.“ Wegner sagt lediglich, dass zwar gute Radwege und Nahverkehrssysteme gebraucht werden, aber dass „auch in zwanzig, dreißig oder vierzig Jahren es noch Menschen geben wird, die mit dem Auto in Ihre Hotels, in Ihre Restaurants oder Cafés fahren“ und er finde, dass den Menschen nicht vorgeschrieben werden solle, wie sie zu reisen haben.