Berlin - Obwohl das Grundbuchamt den Kaufpreis seiner Villa in Berlin-Dahlem offiziell bestätigt hat, muss Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) es nicht hinnehmen, dass darüber öffentlich berichtet wird. Das geht aus den schriftlichen Gründen eines Urteils des Hamburger Landgerichts hervor, das Spahn und sein Ehepartner Daniel Funke gegen den Tagesspiegel erwirkt haben (Az.: 324 O 349/20). Demnach geht das Gericht davon aus, dass der Kaufpreis „rechtswidrig durch ein ,Durchstechen‘ nach außen gedrungen“ sei und die Information deshalb im Ergebnis nicht hätte verwendet werden dürfen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, eine Berufung zum Oberlandesgericht ist möglich.

Wie berichtet geht Spahn mit Unterlassungsklagen gegen Presseberichte vor, in denen unter anderem der Kaufpreis für das Anwesen von mehreren Millionen Euro genannt wird. Dennoch hat das zuständige Grundbuchamt beim Amtsgericht Schöneberg die Summe auf Tagesspiegel-Anfrage exakt beziffert. Nach Ansicht der Hamburger Richterinnen soll dies jedoch keine erhebliche Rolle spielen, da diese Bestätigung erst im Nachhinein erfolgt sei. Prozessual sei „nicht davon auszugehen, dass es eine vorhergehende Anfrage zu dem Kaufvorgang zum Beispiel beim Grundbuchamt oder bei den Antragstellern selbst gegeben hätte“. Ablichtungen des notariellen Kaufvertrags über den Grundstückskauf seien ohne Einverständnis von Spahn und seinem Lebensgefährten an die Presse gelangt.

Vor diesem Hintergrund ist die Berichterstattung über den Kaufpreis nach Ansicht des Gerichts nicht zu rechtfertigen. Zwar sei zu berücksichtigen, dass Spahn mit seiner Aussage „Hartz IV bedeutet keine Armut“ ein besonderes Augenmerk auf seine eigenen Lebensverhältnisse gelenkt habe. Die Veröffentlichung im Tagesspiegel sei zudem „geeignet, gesellschafts- und sozialkritische Überlegungen“ über einen Politiker anzuregen, der wegen einer möglichen Kandidatur als Bundeskanzler „ein Thema von besonderem öffentlichen Interesse“ sei. Gleichwohl würde mit der Kaufpreisnennung ein „tiefgreifender Einblick in die Vermögensverhältnisse“ und damit ein genauer „Blick in das Portemonnaie“ ermöglicht. Diesem „intensiven Eingriff in die Privatsphäre“ stehe „kein ausreichend großes und berechtigtes öffentliches Informationsinteresse gegenüber“.

Die Kammer betrachte es als ausdrücklich zulässig, über den gemeinsamen Immobilienkauf des Paares als solchen zu berichten und das Objekt als „Millionenvilla“ zu bezeichnen. Wie viele Millionen es aber waren, soll nach Ansicht des Gerichts in der Öffentlichkeit nicht diskutiert werden dürfen. Juristisch klärungsbedürftig ist damit unter anderem, ob der Presse ohne Weiteres eine Berichterstattung über eine behördliche Information gerichtlich untersagt werden kann, die ihr im Wege des Presse-Auskunftsanspruchs gerade zum Zweck öffentlicher Berichterstattung herausgegeben werden muss.

Spahn, der ausweislich des Urteils nach eigenen Angaben „seit Längerem in Immobilien investiert“ und für den Berliner Raum einen „enormen Wertzuwachs“ feststellen konnte, hat auch mit einem anderen Geschäft aus diesem Bereich Aufmerksamkeit auf sich gezogen: So war kürzlich bekannt geworden, dass der Minister eine Wohnung im Berliner Bezirk Schöneberg vom Ex-Pharma-Manager Markus Leyck Dieken gekauft hat. 2019 holte Spahn den mit ihm auch privat befreundeten Leyck Dieken an die Spitze der dem Ministerium unterstellten Gematik GmbH, die die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorantreiben soll. Die Postenvergabe habe mit dem Kauf nichts zu tun, beteuerte der Minister, der Preis von 980 000 Euro sei „marktüblich“ gewesen. Medienberichten zufolge will sich Spahn von der Wohnung nun offenbar wieder trennen. Ungünstigerweise kurz vor dem CDU-Parteitag im Januar seien Fotos davon auf einer Immobilienvermittlungsseite aufgetaucht, hieß es.

Jost Müller-Neuhof