Es tut weh, den Niedergang einer großen Partei mitzuerleben. Auf der Suche nach mehr Zustimmung verrennt sich die SPD in Haltungen, die sektiererisch wirken und Wähler erst recht vergraulen. Dabei spielen Sachargumente zwar auch eine Rolle, über die man immerhin streiten könnte. Viel schlimmer aber sind die bombastischen Begründungen, mit denen die SPD sich als Partner unmöglich macht – in Deutschland und Europa. Wie sollen Demokraten in den Niederlanden, Frankreich, Italien, Polen und anderen EU-Staaten, die eine gemeinsame Sicherheitspolitik anstreben, die SPD noch als Partner betrachten, wenn die ihr Nein zu bewaffneten Drohnen mit der Behauptung überhöht, als „Friedenspartei“ könne sie nicht anders? Das heißt ja im Umkehrschluss, dass alle, die diese Waffe nicht ebenso kategorisch ablehnen, Kriegsbefürworter sind.

Der skeptische Reflex der Partei, ob man technische Neuerungen mitmachen muss, weil andere es tun, ist berechtigt, zumal in militärischen Fragen. Ebenso die Skepsis, ob Deutschland bei einer „Koalition der Willigen“ dabei sein muss. Das Nein zum Irakkrieg war richtig. Doch vor Zweierlei müssen sich Deutsche hüten: vor Alleingängen und vor moralischer Selbstüberhöhung.

Das Für und Wider bewaffneter Drohnen darf und muss man diskutieren, aber nüchtern und mit validen Argumenten. Nur wenige Staaten Europas haben bewaffnete Drohnen. Aber welche andere Regierungspartei erklärt sie zum Übel? Die Einwände der SPD sind schwach. Es habe kaum Debatten gegeben? Seit einem Jahrzehnt wird diskutiert. Und: Der Krieg um Berg-Karabach schaffe eine neue Lage? Wenn zutrifft, dass bewaffnete Drohnen ihn entschieden haben, ist das Nein noch fataler. Warum möchte die SPD deutschen Soldaten die Waffe vorenthalten, die angeblich über Sieg oder Niederlage entscheidet? Welcher verantwortliche Dienstherr würde das tun?

In der moralischen Selbstüberhöhung zur „Friedenspartei“ zeigt sich erneut, welches Gift von deutscher Sondermoral ausgeht. Andere haben nicht vergessen: Die Deutschen haben zwei Weltkriege begonnen. Es ist pervers, wenn Deutsche anderen Europäern erklären, gerade weil ihre Vorfahren verbrecherisch handelten, wüssten sie besser, was richtig und was falsch sei. Logischer wäre es, sich auf das Urteilsvermögen von Nachbarn zu verlassen, die nicht so schrecklich geirrt haben wie die Deutschen.

Eine Lehre aus der deutschen Katastrophe lautet: Nie wieder allein! Wenn eine Partei in Deutschland eine Position bezieht, die von den meisten EU-Partnern nicht geteilt wird, liegt die Vermutung nahe, dass sie irrt und nicht die anderen. Gewiss ist es denkbar, dass Deutschland auch mal Avantgarde ist und andere früher oder später folgen. Nur: Wo sind die Beispiele dafür, gerade in der Sicherheitspolitik? In der Regel war es schlecht verpackte Arroganz, wenn die Beschränkung deutscher Handlungsfreiheit, die Folge der Kapitulation war, zu höherer Einsicht umgedeutet wurde, die anderen Europäern noch versperrt sei. Allmählich hat Deutschland unhaltbare Positionen – keine Teilnahme an bewaffneten Einsätzen oder keine Waffenlieferung an die Opfer brutaler Aggression, sodass sie sich nicht verteidigen können – korrigiert. Niederländer, Franzosen, Italiener, Polen wollen Frieden nicht weniger als die SPD. Wie man ihn sichert, darüber können Deutsche im Zweifel mehr von ihnen lernen als umgekehrt.