Kann die Räumung der Potse in den verbleibenden zwei Wochen bis zum angesetzten Termin doch noch abgewendet werden? Bausenator Sebastian Scheel (Linke) hat den Potse-Aktivisten jetzt als neues Domizil die alte Zollgarage auf dem Flughafen Tempelhof zugesagt. Scheels Sprecherin Katrin Dietl, sagte, ein Entwurf für einen Mietvertrag liege seit einer Woche beim Bezirk, notwendige Arbeiten an der Wasserver- und Entsorgung seien ebenfalls bereits in Auftrag gegeben worden. Vor knapp drei Wochen machten die Potse-Leute öffentlich, dass der Räumungstermin für den 19. Mai festgesetzt worden sei. Seit dem 31. Dezember 2018 hält das Jugendzentrum die Räume in der Potsdamer Straße besetzt, die es vorher jahrzehntelang regulär nutzen konnte. Das zweite dort ansässige Jugendzentrum Drugstore gab hingegen damals seine Räume auf.

Für Jugendstadtrat Oliver Schworck (SPD) bedeutet diese Entwicklung aber nicht, das Räumungsbegehren zurückzuziehen. Eine polizeiliche Räumung sei nur zu verhindern, wenn die Besetzer ausziehen. Das erwarte er eigentlich auch. „Der Senator hat ihnen Räume versprochen, was will man denn noch mehr?“, sagt Schworck. Es gebe deswegen für die Potse-Aktivisten wirklich keinen Grund für Misstrauen gegenüber den Behörden. Der Bezirk sei ebenfalls immer im Gespräch gewesen, habe Alternativen gesucht und werde das auch weiter tun. Genauso habe er bei dem Jugendzentrum Drugstore gehandelt. Er verweist darauf, dass es seit etlichen Monaten ein vollstreckbares Urteil gebe. Er könne nicht ewig damit warten, bis auch das kleinste Detail für die neuen Räume geklärt seien.

Laut Schworck muss bei der Zollgarage der Mietvertrag noch ausgearbeitet werden; bisher gebe es nur das übliche Standardschreiben. Die Miethöhe stehe noch nicht fest; sie werde aber wohl nicht das Problem sein. Wenn es feststehe, dass die Potse-Leute das Angebot nutzen wollen und Probleme wie Lärmschutz und Sanitäranlagen geklärt seien, sei er durchaus bereit, einen Mietvertrag zu unterschreiben, sagt Schworck.

Ob das dem Potse-Kollektiv reicht, um die besetzten Räume freizugeben, ist mehr als fraglich. „Wenn wir erstmal raus sind, gibt es keinen politischen Druck mehr, etwas für uns zu tun“, sagte ein Sprecher in der vergangenen Woche. Er bezweifle, dass bis zum Räumungstermin alle strittigen Fragen geklärt seien. Es müsse beispielsweise feststehen, wie lange sie dort bleiben und dass sie Punkkonzerte veranstalten können. Und so lange dies nicht der Fall sei, werde man dort bleiben.

Am vergangenen Donnerstag demonstrierte die Potse vor der Parteizentrale der Linken in Mitte. Damit habe man die Partei daran erinnern wollen, sich auch weiterhin für sie einzusetzen. Einen Tag zuvor war die Linken-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg mit dem Versuch gescheitert, einen Antrag zum Thema auf die Tagesordnung zu bekommen. Die Sitzungszeit war abgelaufen. Laut der Linken wäre eine Räumung zum jetzigen Zeitpunkt „grotesk und gemeingefährlich – auch der Bezirk kann kein Interesse daran haben, jetzt einen Massenauflauf von Polizisten, betroffenen Jugendlichen und Demonstrierenden inmitten eines Gebiets mit vielen Corona-Infektionen zu provozieren“, heißt es in einer Pressemitteilung. Auch auf Senatsseite gibt es Stimmen, die den angesetzten Räumungstermin für kontraproduktiv halten.

Alle vom Bezirk angebotenen Objekte hat die Potse bisher abgelehnt. Auch das Angebot vom Bezirk, einen Saal im Lichtenberger Rockhaus für Konzerte zu mieten, wurde als ungeeignet abgelehnt. Das Kollektiv Drugstore zog diesen in Erwägung. Allerdings stieß das Jugendzentrum auf Skepsis und Ablehnung der anderen Nutzer im Rockhaus. „Für die Jugendlichen keine gute Erfahrung“, sagt Schworck. Für ruhigere Aktivitäten von Drugstore hat der Bezirk seit 2019 Räume in der Potsdamer Straße 143 gemietet. Diese sind nach wie vor nicht so umgebaut worden, dass sie ein Jugendzentrum nutzen kann.

Es habe eine große Kostensteigerung gegeben, sagt Schworck. Veranschlagt seien derzeit rund eine halbe Million Euro, die er nicht einfach so im Etat habe. Für diese Räume zahle der Bezirk monatlich rund 6000 Euro Miete. Für die besetzten Räume fielen nach Schworcks Angaben für den Bezirk in den Jahren 2019 und 2020 insgesamt Kosten in Höhe von 286 000 Euro an – für Nutzungsentgelt, Rechtsanwalt, Entsorgung.

Die Zollgarage auf dem Flughafen Tempelhof wird bisher unter anderem als Ort für Informations- oder Bürgerbeteiligungsveranstaltungen genutzt. Der Raum in dem Flachbau ist 482 Quadratmeter groß. Sigrid Kneist

Besetzt. Das Kollektiv der Potse will die Räume in der Potsdamer Straße erst aufgeben, wenn eine Alternative sicher ist. Der Bezirk will nicht mehr warten. Foto: Imago