Umsatz, Gewinn, Ebit-Marge: Der Alltag von Managern und Unternehmern ist eine permanente Suche nach Maßnahmen, um betriebswirtschaftliche Kennziffern positiv zu beeinflussen. Wie frustrierend, wenn man den halben Laden auf den Kopf gestellt hat und sich dennoch nichts bewegt. Auch wenn diese Zahlen oft genug kein realistisches Bild von der Lage bieten, geben sie aber ein wenig Halt und Orientierung.

Vor diesem Hintergrund können Bestenlisten wie die hier vorliegende jede anständige Betriebswirtin in den Wahnsinn treiben. Denn wie will man denn messen, wer am „besten“ oder am „wichtigsten“ ist? Was sind die Kriterien? Wer hat wie viele Punkte bekommen, mit Nachkommastelle? Wer hat die vergeben? Saß ein Notar dabei?

Hier sei verraten: Es gab weder Note noch Punkte, noch beglaubigte Urkunden. Die Auswahl traf kein Algorithmus und erst recht kein Anzeigenkunde. Es waren zehn Mitglieder des Redaktionsteams „Berliner Wirtschaft“ in zähen Debatten. Versammelt sind in diesen Runden insgesamt deutlich mehr als hundert Jahre journalistische Erfahrung mit den Unternehmen, Politik und Verbänden in Berlin. Die Urteile der Kolleginnen und Kollegen sind subjektiv, aber gut begründet. Sie können auch Spuren von Emotionen oder persönliche Sympathien enthalten – das macht diese Auswahl nicht weniger wertvoll als eine vermeintlich objektive Kennziffer.

So entstand eine Liste der aktuell „100 wichtigsten Köpfe der Berliner Wirtschaft“, die wir in insgesamt zehn Teilen vorstellen. Die Reihenfolge der Nennung soll nichts aussagen über deren „Wichtigkeit“. Gleichwohl heben wir in jeder Folge eine Person besonders hervor. Das sagt ja auch etwas aus. (kph)

21. Manja Schreiner, Fachgemeinschaft Bau

„Keine besonderen Interessen, keine besonderen Begabungen, keine besonderen Pläne“ – so hat Manja Schreiner sich und ihre Jugend vor einiger Zeit in einem Tagesspiegel-Porträt beschrieben. Dafür hat es die 44-Jährige außerordentlich weit gebracht: Zuletzt leitete sie als Hauptgeschäftsführerin die Fachgemeinschaft Bau und machte sich dort als „Cheflobbyistin“ weit über die Wirtschaft hinaus bekannt. Im möglichen neuen schwarz-roten Senat soll die Vizechefin der Berliner CDU nun Senatorin für Umwelt, Mobilität und Klimaschutz werden.

Wer die in einem kleinen Dorf nahe Rostock aufgewachsene Manja Schreiner kennt, weiß, dass die promovierte Juristin nicht nur ausgezeichnet vernetzt, kommunikativ, medien- und präsentationserfahren ist – sie kann sich auch durchbeißen. Keine Erfahrungen in der Mobilitätsbranche? Mag sein, aber damals hatte sie auch keine Ahnung von Jura, sei dort „hineingestolpert“. Sie hat keine „Scheu vor neuen Dingen“, arbeitet „effizient“, so wie damals im Studium, das sie rasch durchzieht und sich nebenbei Geld mit Kellnerjobs in Warnemünde dazuverdient.

Bei ihrem ersten Arbeitgeber, der Kreuzfahrtreederei Aida, arbeitete sie in einer männerdominierten Branche, lauter alte „Seebären“, dazwischen die damals 27-Jährige, die erstmals mitbekommt, wie männliche Vorgesetzte kommunizieren und wie sehr Sprache ein Ausdruck von Macht sein kann.

Die Erfahrungen und der Umgang damit halfen ihr bei ihren nächsten beruflichen Stationen in Verbänden: Bundesverband der Deutschen Industrie, Zentralverband des Deutschen Handwerks, Baubranche. Die ist durch Mietendeckel, Pandemie und Ukraine-Krieg krisengeschüttelt, aber Manja Schreiner bugsiert ihren Verband und seine Interessen hindurch. Dort befasst sie sich mit öffentlichem Vergaberecht, Fachkräfteakquise, beruflicher Bildung, Schwarzarbeit und Flüchtlingsintegration, zieht mit ihrem Mann, dem Chef der Berliner Krankenhausgesellschaft, zwei Kinder groß und arbeitet sich von der CDU Pankow zur Vize-Landeschefin voran. Wer sich so durch Verbände gearbeitet hat, den sollte eine Senatsbehörde nicht schocken können. (tabu)

22. Mario Kohle, Enpal

Bei seiner ersten Gründung („Käuferportal“) habe er „mangelnde Kompetenz durch Wahnsinn ersetzt“, sagte Mario Kohle dem Magazin „Business Insider“. Das Experiment gelang, denn ganz so ahnungslos war der gebürtige Strausberger nach seinem BWL-Studium an der privaten Otto Beisheim School of Management wohl nicht. Als die Berliner Mauer fiel, war er erst fünf, das beste Alter, um den DDR-Schlendrian hinter sich zu lassen. 2017 gründete er Enpal, das Solaranlagen an Hausbesitzer vermietet und schon nach fünf Jahren zum milliardenschweren Unicorn wuchs. (loy)

23. Michael Wimmer, FÖL

Michael Wimmer gilt als der oberste Lobbyist der Bio-Landwirtschaft in der Hauptstadtregion. Der Geschäftsführer der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) setzt sich für den Ausbau nachhaltiger Anbaumethoden und die Vermarktung regionaler Produkte ein. Ein großer Erfolg für Wimmer war zuletzt die Einführung eines offiziellen Zeichens für Bio-Erzeugnisse aus Brandenburg durch das Landwirtschaftsministerium.(cmk)

24. Bastian Halecker, Exponential University of Applied Sciences

Unternehmertum und Technologie, davon ist Bastian Halecker überzeugt, bieten die Lösungen für die zentralen Probleme der Menschheit. Seit Anfang 2022 hat Halecker den Lehrstuhl für Deep Tech Entrepreneurship an der Potsdamer Privathochschule XU Exponential University of Applied Sciences inne. Gleichzeitig bringt er als Unternehmer und Netzwerker etablierte Mittelständler mit Akteurinnen und Akteuren der Berliner Start-up-Szene zusammen. (cmk)

25. Katharina Hauke, Lieferando

Die gebürtige Wienerin Katharina Hauke ist seit Oktober 2020 Geschäftsführerin des Lieferdienstes Lieferando in Deutschland, hinter dem der niederländische Konzern Just Eat Takeaway steht. Von der Zentrale in Berlin-Kreuzberg aus steuert Hauke auch das Geschäft des Unternehmens in Österreich. Lieferando gilt als Marktführer, neben Essen aus Restaurants bringen die Kuriere mit den orangefarbenen Jacken auch Produkte des täglichen Bedarfs.(cmk)

26. Stephanie Otto, Berliner Stadtreinigung

Sie kam 2019 aus der Abfallwirtschaft in Köln und war weitgehend unbekannt in Berlin. Die BSR-Chefin gehört nicht zu den medial überpräsenten Lautsprechern in der Wirtschaft. Und dennoch hat sie sich mit ihrer Agenda bekannt gemacht: Zero Waste – also null Verschwendung von Ressourcen – ist ihr Mantra für Berlin. Gut so, denn Klima- und Ressourcenschutz gehören zu den drängendsten Themen unserer Zeit. Da braucht es nicht nur Lautsprecher, sondern Macher:innen. (tabu)

27. Christian Kroll, Ecosia

Warum googeln, wenn man alternativ eine grüne Suchmaschine benutzen kann. Sie heißt Ecosia und wurde 2009 von Christian Kroll gegründet. Das Besondere: Der Gewinn wird in den Klima- und Umweltschutz investiert, vor allem werden weltweit Bäume dort gepflanzt, wo sie dringend nötig sind. Schon 20 Millionen Nutzer haben sich dem Visionär, der die Lösung des Klimawandels als die wichtigste Aufgabe im 21. Jahrhundert ansieht, angeschlossen.(hoel)

28. Andreas Eckert, Eckert & Ziegler

Der gebürtige West-Berliner Andreas Eckert lenkt seit über 30 Jahren die Geschicke von Eckert & Ziegler. 2017 setzte ihn die ehemalige Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) als Aufsichtsratschef der Standortmarketinggesellschaft Berlin Partner ab. Eckert sagte mal, es brauche mehr „junge Testosteron-Bolzen“ als Gründer. Er, Jahrgang 1960, wird seinen Chefposten jedenfalls in diesem Sommer räumen. Vielleicht versucht er es – wie schon 2017 – mit einer Karriere bei der FDP? (sims)

29. Ute Jacobs, Estrel

Ute Jacobs, 1962 in Berlin geboren, studierte Deutsch und Englisch auf Lehramt, brach nach dem Grundstudium ab und startete mit Anfang 20 eine Ausbildung zur Hotelfachfrau im Schweizer Hof. Nach der Lehre wurde sie übernommen und stieg schnell zur Verkaufsdirektorin auf. Kurz nach Eröffnung des Estrel 1994 wurde sie dessen Geschäftsführerin. Seitdem leitet Jacobs das größte Hotel Berlins mit 1125 Zimmern. (jni)

30. Valentin Stalf, N26

Kaum jemand hat mehr dazu beigetragen, dass der Begriff „FinTech“ (kurz für technologiegetriebene Finanzinnovationen) in Deutschland bekannt wurde, als Valentin Stalf. Vor zehn Jahren hat er gemeinsam mit Maximilian Tayenthal die digitale Direktbank N26 gegründet. Bereits seit 2019 gilt das Unternehmen als sogenanntes Einhorn – das sind Firmen, die mit mehr als einer Milliarde Euro bewertet werden. 2019 kürte Forbes N26 zur besten Bank der Welt. (hoel)