Herr Hirsch, warum dauert das mit dem Wohnungsbau eigentlich so lange?

An uns Bauunternehmen liegt es nicht. Die meiste Zeit verbraucht beim Bau einer Wohnung die Planungs- und Genehmigungsphase. Ich habe 2016 neben meiner Baufirma einen kleinen Gewerbepark mit Mietflächen für Handwerksbetriebe gebaut. Das danebenliegende Grundstück ist auf einem landeseigenen Entwicklungsgebiet. Erst in diesem Jahr konnte ich das Gelände in Erbpacht vom Land Berlin übernehmen, zur Erweiterung meines Gewerbeparks. Sieben Jahre hat das gedauert! Für den Bau der Mietflächen werden wir 14 Monate brauchen. Das ist grundtraurig.

Passte das Projekt vielleicht nicht in die politische Landschaft?

Ganz im Gegenteil, wir deckeln die Mieten und das Land Berlin deckelt die Höhe der Erbpacht. Es ist sogar eines der Pilotprojekte von Rot-Rot-Grün, weil dieses Grundstück gerade nicht mehr zum Höchstpreis verkauft wird. Ansehen zu müssen, wie die Koalition im eigenen Verwaltungsdickicht erstickt, ist unerträglich. Deshalb verlieren viele die Lust und bauen nicht in Berlin, sondern jenseits der Ländergrenze, etwa in Königs Wusterhausen.

Vielleicht ein bedauerlicher Einzelfall?

Nein, für die Wasserbetriebe sollten am Halleschen Ufer Rohre unter der Straße verlegt werden. Dazu müssen Schilder aufgestellt und der Verkehr gelenkt werden. Es hat mehr als zwei Jahre gedauert, bis die dafür nötige Genehmigung für die Straßenlandsondernutzung erteilt war.

Warum sind die Mieten in Berlin so teuer?

Ganz einfach, weil die Grundstücke zu teuer sind. Einen Neubau kann ich heute nicht mehr für weniger als 18 Euro nettokalt vermieten, wenn ich die Kosten wieder reinholen muss.

Bisher galt zwölf Euro Miete für einen Neubau in Berlin als Durchschnittswert.

Das war einmal. Ich plane auf einem freien Grundstück in Steglitz und komme auf Kosten von 3000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche nur für den Grundstücksanteil. Die Wohnungen muss ich dann – je nach Grundstückspreis – für 18 bis 25 Euro vermieten, um meine Kosten zu decken. Wohnungsbau für mittlere Einkommen ohne gezielte Förderung funktioniert nicht mehr. Deshalb bauen alle privaten Firmen nur noch Eigentumswohnungen für die Besserverdienenden. Und deshalb brauchen wir Förderungen.

Was hat die rot-rot-grüne Koalition richtig gemacht?

Die haben sich bemüht, die Überalterung in den Bauämtern zu stoppen und neues Personal zu gewinnen. Aber diese Leute bewerben sich nach einigen Jahren weg zum Bundesbauamt, weil sie dort 400 Euro mehr bekommen. In den kommenden Jahren gehen nun auch noch die Erfahrungs- und Wissensträger reihenweise in Rente, die Babyboomer.

Ihre Meinung zum Mietendeckel?

Durch den Mietendeckel hat der Senat unfassbar viel Vertrauen verloren bei Investoren. Eine Regulierung des Wohnungsmarktes ist richtig, der Wildwuchs nicht. Aber es muss schlüssig sein. Ich habe mit den Mietern im Gewerbepark vereinbart, dass die Miete ausschließlich mit der Inflationsrate steigt. Damit kann jeder umgehen. Das ist fair, weil auch Löhne und Rechnungen mit der Inflationsrate steigen. Aber sozialistische Ansätze wie der Deckel und die Zwangsenteignung sind falsch und unfair.

Haben Sie schon mal persönlich Bekanntschaft mit der Wohnungsnot gemacht?

Während des Studiums war ich Hauswart und bin dann rausgeflogen, weil der Job gestrichen wurde und damit mein Anspruch auf die Hauswartswohnung.

Was würden Sie dem Senat zur Lösung der Wohnungsmarktkrise raten?

Nach Hamburg schauen, wo der Wohnungsbau angesprungen ist, weil alle untereinander ein Klima des Vertrauens aufgebaut haben. Das hat den Mietenanstieg ausgebremst. Alles nur über die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften machen zu wollen, reicht nicht aus, die haben nicht die Kapazitäten, so viele Wohnungen zu bauen, wie es braucht.

Also löst man die Probleme am Wohnungsmarkt durch einen Runden Tisch?

Ja, mit dem Hamburger Modell. Ohne durch die Partei-Brille oder die Investoren-Brille zu schauen. Alle Beteiligten setzen sich zusammen, um die dringenden sozialen Probleme langfristig zu lösen. Aber die Wohnen-Senatorin Katrin Lompscher und ihr Nachfolger seit 2020, Sebastian Scheel, wollten kein Vertrauen, weil sie keine privaten Investoren wollten. Wie wohnen Sie selbst?

Zur Miete, in Wilmersdorf. Die Kinder sind aus dem Haus. Das Haus in Lichtenrade war zu groß für zwei. Und wir wollten zurück in die Stadt.

Die Miete ist erträglich?

Nein, aber ich muss es akzeptieren und kann es mir leisten. Man bezahlt mehr am Ku’damm als in Hakenfelde. Im Zentrum von Paris kann sich auch kein Geringverdiener eine Wohnung leisten.

In Wien schon, mehr als die Hälfte der Wohnungen wird kommunal vermietet ...

Und dafür sieht ein guter Teil der Wohnungen und Höfe aus wie die Häuser in Ost-Berlin 1989. Absurd wird es, wenn die Grünen die Mieten deckeln und zugleich die Häuser ökologisch sanieren wollen. Da müssten die Vermieter auf Mieteinnahmen verzichten und zusätzlich Geld investieren. Wer deutlich mehr Wohnungsbau will, kommt nicht ohne private Investoren aus. Zumal wegen der Umweltauflagen viele Miethäuser aus den 1950er Jahren durch Neubauten ausgetauscht werden. Denn viele davon können nicht auf die niedrigen Verbrauchsstandards saniert werden. Wo das doch gelingt, können die Häuser aus statischen Gründen nicht aufgestockt werden. Wir brauchen aber beides, um die Wohnungsnot zu bekämpfen. Deshalb braucht die Politik auch die privaten Bauherren.

Das Gespräch führte Ralf Schönball.

Stefan Hirsch, 57, ist Geschäftsführer von Hirsch&Lorenz in Berlin. Die mittelständische Firma bietet Rohbau, Sanierung und Ingenieurleistungen an.