Den Trend zum Auswandern im Ruhestand konnte nicht einmal die Pandemie stoppen. Trotz Corona nahm die Zahl der Bundesbürger, die ihre Rente fernab der Heimat beziehen, weiter zu: Rund 248 000 Personen erhielten die Zahlungen 2020 im Ausland, wie aus dem Rentenatlas der Deutschen Rentenversicherung hervorgeht. Das ist abermals ein neuer Rekord – und rund 20 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren.

Die tatsächliche Zahl der Ruheständler, die einen großen Teil ihrer Zeit im Ausland verbringen, dürfte deutlich höher liegen: Wer noch in Deutschland gemeldet ist und die Rente auf ein deutsches Konto erhält, wird in der Statistik nicht erfasst.

Grund für die Auswanderung ist vielfach nicht nur das wärmere Wetter im Süden: Viele Rentnerinnen und Rentner versprechen sich vom Umzug ins Ausland auch einen besseren Lebensstil aufgrund niedrigerer Kosten. Besonders gut ist das Preis-Leistungs-Verhältnis in Südostasien. Aber auch ein Neuanfang in Europa, der Türkei und Mittelamerika kann sich finanziell lohnen. Ein Überblick:

Griechenland: Athen setzt auf die Silver Economy

Griechenland als „Florida Europas“: Puristische Hellas-Liebhaber schaudern vielleicht bei dieser Vision. Aber die griechische Regierung sieht darin ein nachhaltiges Geschäftsmodell und unterstützt das. Premierminister Kyriakos Mitsotakis positioniert sein Land als Rentnerparadies. Er will Pensionäre aus dem kühlen Norden dazu bewegen, in den sonnigen Süden umzusiedeln.

Auf griechischen Inseln wie Rhodos oder Kreta locken nicht nur rund 3000 Sonnenstunden pro Jahr. Wer als Rentner seinen Steuerwohnsitz nach Griechenland verlegt, zahlt dort nur sieben Prozent Einkommensteuer.

„Die Flatrate wird für eine Dauer von 15 Jahren auf die gesamten im Ausland erzielten Einkünfte des Rentners erhoben, also nicht nur auf die Rente“, erläutert Dirk Reinhardt, Partner in der Athener Kanzlei MStR Law. Die Anwaltsfirma betreut ausländische Ruheständler bei der Verlegung ihres Steuerdomizils nach Griechenland.

Der Antrag kann bis zum 31. März eines Steuerjahres beim zuständigen griechischen Finanzamt eingereicht werden und wird von der Behörde innerhalb von 60 Tagen beschieden. Um sein Steuerdomizil nach Griechenland zu verlegen, muss man dort mindestens 183 Tage im Jahr verbringen. „Die Rentnerin oder der Rentner darf allerdings in den letzten fünf der sechs Jahre vor der Verlegung des Wohnsitzes nach Griechenland dort nicht steuerlich ansässig gewesen sein“, erklärt Reinhardt.

Trotz des niedrigen Steuersatzes soll sich die Ansiedlung von Pensionären für den griechischen Fiskus und die Volkswirtschaft lohnen, denn die Ruheständler geben dann einen Großteil ihrer Einkünfte in Griechenland aus und kaufen vielleicht ein Haus. Ein zusätzlicher Anreiz: Wer in Griechenland bis 2024 eine neu gebaute Immobilie erwirbt, ist von der Mehrwertsteuer befreit.

Griechenland lockt außerdem mit günstigen Lebenshaltungskosten: Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes vom September 2021 liegt das Preisniveau 23 Prozent niedriger als in Deutschland.

Nach einer Studie der Athener Denkfabrik DiaNEOsis könnte Griechenland mit der sogenannten Silver Economy, der Ansiedlung ausländischer Senioren, jährlich bis zu fünf Milliarden Euro erwirtschaften und 60 000 neue Arbeitsplätze schaffen. Auch die deutsch-griechische Industrie- und Handelskammer sieht Griechenland als bevorzugtes Ziel wohlhabender deutscher Rentner. Die Kammer hat für Interessenten das Informationsportal happyretirement.gr aufgelegt.

Kambodscha: Das Rentnerparadies macht Thailand Konkurrenz

Vor sechs Jahren reiste Gary Rothenbücher zum ersten Mal nach Kambodscha – und es gefiel ihm so gut, dass er gleich blieb. „In Deutschland mochte ich das Wetter im Winter nicht – und es wurde mir zu teuer“, sagt der 54-Jährige, der aus gesundheitlichen Gründen im Frühruhestand ist. Nun lebt er für 200 Dollar Miete im Monat in einer modern eingerichteten Wohnung. Insgesamt kommt er mit rund 1000 Dollar im Monat, die er mithilfe von Mieteinnahmen in Deutschland erzielt, gut über die Runden – inklusive Krankenversicherung und ausgiebiger Reisen im Land.

Für Ruheständler in Asien hat sich Kambodscha in den vergangenen Jahren als beliebte Alternative zum benachbarten Thailand etabliert, das lange das gefragteste Auswanderungsziel auf dem Kontinent war.

Doch steigende Lebenshaltungskosten und bürokratische Hürden kratzen an Thailands Attraktivität: So müssen Inhaber des Rentnervisums alle drei Monate ihren Aufenthaltsort bestätigen und eine monatliche Rente von mindestens 1700 Euro oder 21 000 Euro auf einem thailändischen Bankkonto vorweisen.

In Kambodscha entfallen solche strikten finanziellen Anforderungen: Wer älter als 55 Jahre ist, muss für ein Rentnervisum lediglich nachweisen können, ausreichend Einkommen oder Ersparnisse für den Lebensunterhalt zu haben. Jüngere Ruheständler können relativ unbürokratisch Geschäftsvisa erhalten, mit denen sie längerfristig im Land bleiben können. Die jährliche Visumsverlängerung kostet in beiden Fällen rund 300 Dollar.

Die Ausgaben im Alltag liegen in vielen Bereichen deutlich unter dem, was ein vergleichbarer Lebensstil in Europa kosten würde: Komfortable Ein-Zimmer-Wohnungen in der Hauptstadt Phnom Penh mit Pool- und Fitnessstudiozugang sind für 400 bis 500 Dollar zu haben. In kleineren Städten sind die Wohnkosten nochmals deutlich niedriger. Ein Essen in einem günstigen Restaurant kostet weniger als fünf Dollar, ein lokales Bier rund einen Dollar. Das Magazin „International Living“ listet Kambodscha als eines der weltweit fünf günstigsten Länder für den Ruhestand.

Einen Nachteil sieht Auswanderer Rothenbücher in der Gesundheitsversorgung: „Es gibt zwar in Phnom Penh ein paar sehr gute Krankenhäuser“, sagt er. „Im Rest des Landes ist die Versorgung aber sehr einfach.“

Für größere medizinische Eingriffe begeben sich Ausländer oftmals nach Thailand, wo das Niveau der Gesundheitsdienste höher liegt. Eine private Auslandskrankenversicherung ist für solche Fälle dringend empfehlenswert, da sich die Behandlungskosten schnell auf mehrere Tausend Euro belaufen können.

Türkei: Dreizimmerwohnung ab 50 000 Euro

Die türkische Wirtschaft befindet sich auf einer Achterbahnfahrt. Die Lira hat dramatisch an Wertes verloren, die Inflation galoppiert. Das Leben sei inzwischen so auch für deutsche Rentnerinnen und Rentner nicht mehr so günstig wie noch vor Jahren, erklärt Martina Yaman, die in Alanya an der Türkischen Riviera das deutschsprachige „Türkis Magazin“ herausgibt.

Wegen der trotzdem relativ niedrigen Lebenshaltungskosten ziehe es dennoch immer mehr Ausländerinnen und Ausländer in die Türkei, darunter auch viele Rentner. Allein in Alanya sind rund zehn Prozent der rund 300 000 Einwohner Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis. Rund die Hälfte davon kommt aus Deutschland.

Yaman erklärt: „Insbesondere Kaufpreise und Mieten für Wohnungen sind in den vergangenen Jahren stark angestiegen – viele Verkäufer und Vermieter berechnen ihre Preise gleich ganz in Euro.“ Eine Dreizimmerwohnung auf mittlerem Niveau bekommt man für etwa 50 000 Euro, für frei stehende Häuser beginnen sie demnach bei rund 100 000 Euro.

Gerade für Europäer, und insbesondere für Deutsche, sei die Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis fast nur eine Formsache, erklärt Yaman. Voraussetzung ist lediglich ein Mietvertrag, Eigentum oder bei einer Dauer bis zu zwölf Monaten auch eine Hotelreservierung, ein gültiger Reisepass und der Nachweis von 500 Euro pro Monat Aufenthalt. „Dieser Betrag ist unverändert seit Einführung des Euro“, erklärt Yaman. Antragsteller unter 65 Jahren müssen eine Krankenversicherung nachweisen. Eine türkische private Versicherung kostet je nach Alter zwischen 250 und 2500 Lira pro Monat – umgerechnet zwischen 15 und 150 Euro.

Die Gesundheitsversorgung ist mit sieben privaten Kliniken und dem Staatlichen Universitätskrankenhaus auf einem hohen Niveau – viele Ältere lassen sich in der staatlichen Klinik sogar lieber behandeln als in den Privatkliniken. Das Ausländeramt und auch die türkische gesetzliche Krankenversicherung böten regelmäßig Informationsveranstaltungen an.

Da insbesondere ältere Auswanderer die türkische Sprache nicht beherrschen, gibt es viele Serviceangebote zur Begleitung bei Behördengängen oder Arztbesuchen. Die sieben privaten Kliniken bieten fast alle einen kostenlosen Dolmetscherservice, und die meisten Banken in der Stadt haben zumindest einen deutschsprachigen Mitarbeiter. „Das dürften neben den relativ niedrigen Lebenshaltungskosten die Hauptgründe sein, warum Alanya gerade bei den Deutschen so beliebt ist“, erklärt Yaman.

Mexiko: Ausländer dürfen Immobilien kaufen

Mexiko hat sich immer mehr zu einem Auswandererparadies entwickelt. Bedingt durch die geografische Nähe sind es vor allem US-Amerikaner und Kanadier, die sich im Süden Nordamerikas zur Ruhe setzen. Die deutlich günstigeren Lebenshaltungskosten, das gute Klima und vergleichsweise liberale Aufenthaltsgenehmigungen sowie liberale Gesetze zum Immobilienerwerb laden die Pensionäre dazu ein, in Mexiko ihren Ruhestand zu suchen. Die Erlaubnis für Ausländer, Eigentum zu erwerben, ist sogar in der Verfassung festgeschrieben. Eine Aufenthaltsgenehmigung wird in der Regel erteilt, wenn man eine Mindestrente oder ein Mindestvermögen nachweisen kann. Für Kanadier gilt beispielsweise, dass man bei einer Rente von umgerechnet monatlich 3100 Euro oder bei einem Vermögen von rund 125 000 Euro Anrecht auf eine Aufenthaltsgenehmigung hat.

Zwei Probleme gibt es in Mexiko: Das eine ist die Krankenversorgung. Private Krankenhäuser sind in dem Land oft teurer als deutsche, haben aber selten das Niveau von guten internationalen Kliniken. Ein zunehmendes Problem ist zudem die immer weiter um sich greifende Kriminalität und Gewalt. Mittlerweile gibt es kaum noch Landstriche, wo man absolut sicher sein kann.

Georgien: Geheimtipp am Rande Europas

Als Geheimtipp gilt – sowohl für Rentnerinnen als auch auch für Digitalnomaden – Georgien: Die Kaukasusrepublik lockt mit ihrer Küche, wahlweise subtropischem Schwarzmeerklima oder Bergluft, sehr günstigen Mieten, Steuerfreiheit für Einkünfte wie Renten aus dem Ausland und einfach zu erhaltendem Visum.

In dem Land können Deutsche visafrei für ein Jahr einreisen. Wer sich dann dort nicht mit einer Aufenthaltserlaubnis niederlassen möchte, kann einfach kurz aus- und dann wieder einreisen. Viele Behördengänge laufen zudem inzwischen elektronisch. Wer länger als ein halbes Jahr in dem Land lebt, wird dort steuerpflichtig. Allerdings sind Einkünfte, die man aus dem Ausland erhält, steuerfrei. Und wer von der Hauptstadt Tiflis oder dem Schwarzmeer-Kurort Batumi aus noch etwas arbeiten muss oder will, muss 20 Prozent Einkommensteuer entrichten.

Auch Wohnungen sind günstig: Neubauten sind für unter 1000 Euro pro Quadratmeter zu kaufen. Eine größere Wohnung kann für 300 Euro gemietet werden. Allerdings ist die georgische Sprache schwierig. Ältere, noch in der Sowjetunion Geborene, sprechen meist noch Russisch, Jüngere oft Englisch. (HB)