Cottbus/Jänschwalde – Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die Grüne Liga haben Klage gegen den Betrieb des Braunkohle-Tagebaus Jänschwalde in der Lausitz eingereicht. Mit dem Eilantrag an das Verwaltungsgericht Cottbus wollen die Umweltschützer erreichen, dass der Hauptbetriebsplan außer Vollzug gesetzt wird. Die Bagger müssten dann sofort ihre Arbeit einstellen. Die Kläger begründen ihren Schritt damit, dass der verantwortliche Betreiber Leag seit Jahren viel mehr Grundwasser abpumpe als ihm wasserrechtlich erlaubt sei.

Zwischen 2017 und Oktober 2021 seien insgesamt 240 Millionen Kubikmeter Wasser rechtswidrig abgepumpt worden, teilten DUH und Grüne Liga mit. Zum Vergleich: Das entspricht mehr als dem Sechsfachen der Wassermenge des Müggelsees.

Die wasserrechtliche Erlaubnis aus dem Jahr 1996 gestatte beispielsweise für das Jahr 2020 nur 42 Millionen Kubikmeter, während Leag tatsächlich 114 Millionen Kubikmeter abgepumpt habe. Die Zahlen stammen vom zuständigen Landesbergamt und wurden erst öffentlich, als die Kläger Akteneinsicht verlangten, weil die unerlaubte Wasserentnahme zunehmend auffiel.

„Es ist ein Skandal, dass ausgerechnet im wasserarmen Brandenburg 240 Millionen Kubikmeter Wasser ohne jede Genehmigung abgepumpt wurden“, sagt René Schuster von der Grünen Liga. Der Tagebau werde ganz offenbar vorsätzlich rechtswidrig betrieben, denn der Betreiber Leag habe keine Erhöhung der Entnahmemenge beantragt, bevor sie begann systematisch dagegen zu verstoßen.

Im gleichen Zeitraum seien in der Lausitz mehrfach private Wassernutzungen durch Anordnungen der Wasserbehörden eingeschränkt worden, so Schuster. Leag wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern, da es sich um ein laufendes Gerichtsverfahren handelt. „Wir prüfen das“, sagte ein Pressesprecher auf Anfrage des Tagesspiegels.

Die Kläger sind „höchst zuversichtlich“, vor Gericht Erfolg zu haben. „Die Rechtsfolge ist völlig klar, ich wüsste keinen Grund, warum das Verfahren verloren gehen könnte“, sagte Rechtsanwalt Dirk Teßmer, der die Umweltverbände vertritt. Rechtlich gesehen sei der Tagebau ein „Schwarzbau“. Betreiber Leag agiere entweder vorsätzlich rechtswidrig oder sei unfähig, einen Tagebau zuverlässig zu betreiben. Beides sei nicht hinnehmbar. Einen ähnlichen Fall solch krass rechtswidrigen Verhaltens eines Unternehmens habe er noch nicht erlebt.

DUH und Grüne Liga hatten 2019 schon einmal erfolgreich gegen den damaligen Hauptbetriebsplan des Tagebaus Jänschwalde geklagt, weil die Verträglichkeit mit den umliegenden Europäischen Schutzgebieten nicht geprüft worden war. Daraufhin musste die Bergbehörde die damalige Zulassung zurücknehmen.

Den aktuellen Betriebsplan ließ sie zu, obwohl dieser nicht ohne massive Verstöße gegen das geltende Recht umsetzbar sei. Eine plausible Erklärung für die unzulässigen Wasserentnahmen hätten Vertreter der Behörde nicht geliefert, sagt Schuster von der Grünen Liga: „Ich bin gespannt, wie sie sich im Gerichtsverfahren dazu äußern werden.“

Mit dem Gang vor Gericht wollen DUH und Grüne Liga Seen und Feuchtgebiete im Umfeld der Kohlegrube schützen, die zunehmend unter der Grundwasserabsenkung leiden. Ziel müsse sein, dass der Tagebau auf den letzten Metern geringstmöglichen Schaden anrichte. Bei einem umgehenden Stopp ende der Tagebau nur etwa 350 Meter früher als von Leag geplant. Die Sicherheit der Energieversorgung wäre dadurch nicht gefährdet, erklärt Cornelia Nicklas, Leiterin Recht bei der DUH.

Grundlage für die wasserrechtliche Genehmigung 1996 war ein damals geplantes Ende des Tagebaues 2019. Deshalb ist die Genehmigung bis 2022 befristet und sieht seit 2018 deutlich sinkende Wasserentnahmemengen vor. Um die zulässigen Mengen nicht zu überschreiten, hätte der Tagebau spätestens 2019 endgültig außer Betrieb gehen müssen. Leag habe zwischenzeitlich zwar die Kohleförderung bis 2023 verlängert, aber bis heute keine Erhöhung der Wasserentnahme beantragt. Ab einer Entnahme von zehn Millionen Kubikmetern pro Jahr gilt die Pflicht zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung, die jedoch fehlt.

Trotz des geplanten Förderstopps 2023 gehen der Betreiber Leag und das Bergamt davon aus, dass der Tagebau auch danach fortgesetzt wird – und der maximale Grundwasserentzug aus mehreren umliegenden Schutzgebieten erst 2034 erreicht wird. Ein Antrag auf Verlängerung der wasserrechtlichen Erlaubnis sei in Vorbereitung, es habe aber bisher kein Beteiligungsverfahren gegeben. Auch ein Rekultivierungskonzept fehle weiterhin.