Seit Jahren wartet man im Süden Berlins, in Tempelhof-Schöneberg, Neukölln und Steglitz-Zehlendorf, auf die Realisierung von zwei für die Region wichtigen Bahnstationen: auf den Bau eines zusätzlichen S-Bahnhalts am Kamenzer Damm zwischen den bestehenden Bahnhöfen Attilastraße und Marienfelde sowie auf den Ausbau des bisherigen S-Bahnhofs Buckower Chaussee zu einem Regionalhalt. Beide Projekte seien für die Region extrem wichtig, sagte der Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg, Jörn Oltmann (Grüne), der am Donnerstag gemeinsam mit seiner Kollegin Maren Schellenberg aus Steglitz-Zehlendorf sowie dem amtierenden Neuköllner Bezirksbürgermeister Jochen Biedermann (beide ebenfalls Grüne) über den derzeitigen Stand bei der Planung informierte.

„Wir brauchen die Bahnhöfe, damit der Berliner Süden nicht abgehängt wird“, sagte Oltmann. Seine Kollegin aus Steglitz-Zehlendorf ging sogar einen Schritt weiter: „Wir möchten wieder ins Spiel kommen.“ Bisher habe der Fokus in der Stadtentwicklungs- und Verkehrsplanung in Berlin eher auf dem Bereich innerhalb des S-Bahnrings gelegen. „Aber auch außerhalb leben viele Menschen“, sagte Schellenberg. Die drei Bezirkspolitiker verwiesen auf die wachsende Entwicklung im Süden mit bisher rund 300 000 Einwohnern und umfangreichen Gewerbegebieten mit ungefähr 900 Betrieben. Standorte wie der Marienpark in Mariendorf, Lichterfelde-Süd und die Buckower Felder wachsen. „Perspektivisch werden hier einige Tausend Menschen mehr nicht nur leben, sondern auch arbeiten“, sagte der Neuköllner Jochen Biedermann. Dies führe damit auch zu einem erhöhten Fahrgastaufkommen bei den öffentlichen Verkehrsmitteln.

Für den Standort Kamenzer Damm – direkt an der Grenze zwischen Tempelhof-Schöneberg und Steglitz-Zehlendorf – ergab eine Untersuchung im Auftrag des Senats bereits, dass der Bau der Station aus eisenbahnbetrieblicher Sicht sinnvoll ist. Die Bezirke gehen davon aus, dass im Jahr 2027 mit dem Bau begonnen werden könne. Dies ist laut der Studie möglich. Allerdings hat der Senat den Bau bisher nicht bei der Bahn bestellt.

Das Projekt steht unter einem gewissen Zeitdruck. Das Land Berlin stand in der Vergangenheit stets auf dem Standpunkt, erst den Ausbau der Dresdner Bahn zu beenden, bevor man einen weiteren Bahnhof baut. Der Ausbau der Dresdner Bahn geht jetzt in seine Endphase und soll bis 2025 abgeschlossen sein. Die drei Bezirkspolitiker sind sich einig, dass jetzt die Grundlagen gelegt werden müssen, unmittelbar im Anschluss den Bahnhof zu bauen. Sie äußerten die Erwartung, dass der Bahnhof bis spätestens Ende des Jahres bestellt werden müsse, damit der Zeitplan eingehalten werden kann und die Entwurfs- und Ausführungsplanung sowie die Ausschreibungen rechtzeitig beginnen können. Der Bahnsteig soll unter der Brücke am Kamenzer Damm gebaut werden.

Schwieriger ist die Planung für den Ausbau des S-Bahnhofs Buckower Chaussee zu einem Regionalhalt. Auch dieser ist laut Bezirksbürgermeister Oltmann zwingend für die Region. „Wenn der BER einmal voll ausgelastet sein wird mit 50 Millionen Fluggästen, sind das immense Dimensionen“, sagte Oltmann. „Dann brauchen wir einen guten öffentlichen Verkehr, der auf mehrere Verkehrsträger verteilt ist.“ Das Projekt ist ebenfalls noch nicht bei der Deutschen Bahn vom Land Berlin bestellt worden. Hier liegen bisher nicht alle Untersuchungen vor; dennoch könnte die Bestellung laut Oltmann bis zum Jahresende möglich sein. Ein zusätzlicher Bahnhalt im Regionalverkehr hat zudem mehr Auswirkungen als ein zusätzlicher S-Bahnhof. Der Halt hat auch direkte Folgen für den Fahrplan im Fernverkehr. Deswegen war die Position der Deutschen Bahn jahrelang eher ablehnend. Auch beim S-Bahn-Halt Kamenzer Damm nannte sie stets eine verlängerte Fahrzeit als Argument für ihre Skepsis.

Für beide Stationen machen sich die Unternehmensnetzwerke in der Region stark. Gerade auch im direkt am Kamenzer Damm gelegenen Gewerbeareal Marienpark ist die Ungeduld groß. Schon vor Jahren sei der neue Bahnhof versprochen worden. Im Marienpark wird derzeit ein Rechenzentrum gebaut; seit drei Jahren ist dort auch die Craft-Beer-Brauerei Brew Dog mit einem großen Restaurant und Biergarten ansässig.

Die ersten Pläne für die S-Bahnstation sind schon mehrere Jahrzehnte alt. Bezirksbürgermeister Oltmann hat Unterlagen aus dem Jahr 1984 gefunden. Schon damals, als die Wiedervereinigung Berlins noch nicht in Sicht war, dachte man bereits darüber nach, an der Stelle einen zusätzlichen Haltepunkt zu bauten. Und auch bei der Buckower Chaussee wird seit Jahrzehnten über eine Erweiterung diskutiert. Sigrid Kneist