Leben außerhalb der Erde? Das galt lange und weithin als Spinnerei. Je genauer die Planeten in unserer Nachbarschaft und ihre Monde erforscht wurden, umso lebensfeindlicher erschienen sie. Doch dann entdeckten in den 1990er-Jahren Astronomen Planeten bei fernen Sternen, mittlerweile sind mehr als 5000 nachgewiesen worden. Die Natur zeigt, dass das Sonnensystem nur eine von vielen Varianten ist, wie Himmelskörper entstehen und sich entwickeln können. So wächst auch die Zahl der Menschen, die sich extraterrestrische Biologie vorstellen können. Angesichts von Hunderten Milliarden Sternen allein in unserer Milchstraße, so argumentieren viele, sei es doch extrem unwahrscheinlich, dass es Leben ausschließlich hier gibt. Wobei der Begriff „Leben“ weitgefasst ist und von tumben Einzellern bis zu hochtechnisierten Zivilisationen reicht, deren Fähigkeiten wir im Jahr 2023 nur ansatzweise erahnen können.

Fachzentrum für Alien-Kommunikation

Die Beweislage indes ist unverändert. Seit sechs Jahrzehntensuchen Seti-Fachleute (search for extra-terrestrial intelligence) nach Hinweisen auf Außerirdische, vorrangig in Radiosignalen aus dem All. Bisher erfolglos. Dennoch sollte man ich auf einen möglichen Erstkontakt schon einmal vorbereiten. So jedenfalls argumentiert John Elliott, Computerlinguist an der University of St Andrews in Großbritannien und seit Jahrzehnten in der Szene aktiv – unter anderem als Leiter des nationalen Seti-Forschungsnetzwerks im Vereinigten Königreich.

Um sich mit der Frage zu befassen, hat er den „Seti Post-Detection Hub“ gegründet. 13 Fachleute, so erzählt er, seien an dem Projekt beteiligt, fünf vor Ort in Saint Andrews, der Rest arbeite aus der Ferne zu: Computerwissenschaftler, Anthropologen, Juristen, um nur einige Disziplinen zu nennen.

Mikroorganismen oder höhere Intelligenzen

„Bisher haben wir uns darauf konzentriert, wie wir potenzielle Signale registrieren und sicherstellen können, dass wir keinem Irrtum unterliegen“, sagt Elliott. Doch gelänge der Nachweis, es träfe die Menschheit unvorbereitet, findet er. Der Forscher möchte mit seinem Team verschiedene Szenarien entwickeln, um die wichtigsten Fragen zu formulieren und Antworten zu finden.

Die denkbare Spannbreite von dem, was auf uns zukommen könnte, ist enorm. Sie reicht von Mikroorganismen, die womöglich auf einem Himmelskörper wie Mars oder einem Mond des Jupiter oder Saturn nachgewiesen werden. Vielleicht sind es auch Signale, die von zunehmend empfindlichen Radioteleskopen aufgefangen werden und auf eine höhere Intelligenz schließen lassen. Oder es ist ein technisches Objekt, das in „Sichtweite“ an der Erde vorbeizieht.

Im Falle eines Signals, so Elliott, gehe es darum, mehr darüber zu lernen. Ist es ein zufälliger Frequenzmischmasch, den übrigens auch unsere Zivilisation mit ihren Radio-, TV- und Handymasten abstrahlt? Oder stecken Muster drin, vielleicht eine gezielte Botschaft an uns? Sie mithilfe von Algorithmen zu dechiffrieren dürfte schwer sein, erläutert der Forscher. Er habe selbst an Delphinlauten geforscht. „Die Tiere erzeugen rund 130 verschiedene Töne, aber wir wissen noch immer nicht, was sie bedeuten.“

Ebenso wichtig ist es seiner Meinung nach, eine Kommunikationsstrategie zu entwickeln: Wann geht man an die Öffentlichkeit, wie lässt sich klarmachen, was man sicher weiß und was nicht? Was würde das mit dem Selbstbild der Menschen tun, sicher zu wissen, dass wir nicht allein sind? Vor allem jedoch fragt er sich: Wie sollte die Menschheit reagieren? Eine Botschaft zurück schicken? Wer würde das tun und was genau mitteilen? Elliott fürchtet, dass einzelne Personen oder Organisationen vorpreschen könnten, ehe ein Konsens darüber erzielt wurde.

Da gibt es durchaus unterschiedliche Meinungen. Der Physik-Star Stephen Hawking warnte mehrfach davor, sich bemerkbar zu machen. Die Aliens „könnten über uns herfallen“,fürchtete er. Sie könnten die Menschheit kolonisieren, wie es einst die Europäer in Nord- und Südamerika taten.Auf der anderen Seite funkt unsere Zivilisation schon längst ins All, um Kontakt mit Satelliten und Sonden zu halten, ist also leicht aufzuspüren. 1974 wurde zudem vom Arecibo-Teleskop aus gezielt eine Nachricht an Außerirdische in Richtung des Kugelsternhaufens M13 im Sternbild Herkules geschickt.

Die Finanzierung von Seti-Aktivitäten gründet auf privates Engagement. Gern würde er mit staatlichen Stellen kooperieren, schließlich gehe es um internationale Fragen. Naheliegende Adresse hierfür wäre das United Nations Office of Outer Space Affairs (UNOOSA). Auf Anfrage erklärt ein Sprecher,das Büro habe kein Mandat, Themen zu bearbeiten, die mit Außerirdischen zu tun haben. „Derzeit gibt es darüber auch keine Diskussionen unter den Mitgliedsländern des Komitees für die Friedliche Nutzung des Weltraums.“