Kaum ein Name dürfte sinnbildlicher für künstliche Befruchtungen stehen als der von Louise Brown. Vor 44 Jahren wurde sie als erster Mensch weltweit nach einer In-Vitro-Fertilisation (IVF) geboren. Mittlerweile hat die Britin selbst Kinder und wirbt für mehr Offenheit beim Thema Kinderwunschbehandlungen.

Ist von künstlicher Befruchtung die Rede, geht es meist um IVF oder Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI). Bei einer IVF werden einzelne entnommene Eizellen außerhalb des Körpers mit Spermien zusammengebracht, damit es zu einer spontanen Befruchtung kommt. Bei einer ICSI wird dagegen ein einzelnes Spermium direkt in die Eizelle gespritzt.

In beiden Fällen wird nach einigen Tagen der entstandene Embryo – manchmal auch mehrere – in die Gebärmutter der Frau übertragen. Geht alles gut, wächst ein Baby heran. In Deutschland wurden laut IVF-Register von 1997 bis 2020 rund 364.000 Kinder mit diesen Methoden gezeugt und geboren – das sind etwa so viele Einwohner wie Bochum hat.

Wie schon damals, als 1978 den Ärzten Robert Edwards und Patrick Steptoe mit der Geburt Louise Browns eine weltweite Sensation gelang, sind noch heute für viele Paare die hohen Kosten für Kinderwunschbehandlungen ein Problem. „Auch meine Eltern hatten praktisch kein Geld. Die eigentliche IVF, damals ein Experiment, war eigentlich kostenlos. Doch meine Mutter benötigte vorher eine Eileiteroperation“, erzählte Brown der Deutschen Presse-Agentur. „Mein Vater hat dann Geld bei einer Fußballwette gewonnen, mit der die beiden die Operation bezahlen konnten.“

In Deutschland ist laut Bundesfamilienministerium fast jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ungewollt kinderlos. Gesetzliche Krankenkassenübernehmen unter bestimmten Bedingungen die Hälfte der Kosten für eine festgelegte Zahl an Behandlungen für Verheiratete. Einige Kassen zahlen darüber hinaus mehrmals vorgeschrieben, teilte eine Referentin des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) mit. Auch Bund und ein Großteil der Länder haben Förderprogramme aufgelegt.

Tausende Euro pro Versuch

Für viele Paare sind die Behandlungen, die pro Versuch mehrere Tausend Euro kosten, trotzdem ein belastender Faktor. „Es ist schrecklich, dass viele Paare nach drei Versuchen aufhören müssen, weil kein Geld mehr da ist“, sagte Sarah Plack. Die studierte Ärztin hat die Petition„Kinderwunsch für alle“ an Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) gestartet, die von fast 90.000 Menschen unterzeichnet wurde. Die Kosten bei medizinischer Notwendigkeit und Aussichten auf Erfolg müssten zu 100 Prozent übernommen werden, so Plack.

Bis zur Gesundheitsreform 2004 haben auch die gesetzlichen Kassen die Kosten für einige Leistungen voll bezahlt. Die neue Gesetzgebung habe dazu geführt, dass weniger Paare Kinderwunschzentren aufsuchten und die Zentren große Einbußen erlitten, sagte Monika Uszkoreit, Geschäftsführerin des Bundesverbands Reproduktionsmedizinischer Zentren(BRZ). Von2010 bis 2021 stiegen die Ausgaben der gesetzlichen Kassen für ärztliche Honorare in der Reproduktionsmedizin von rund 18 auf rund 31 Millionen Euro, erläutert die GKV-Referentin. In den vergangenen Jahren stiegen auch die Behandlungszahlen wieder an.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Unfruchtbarkeit als Krankheit, wenn ein Paar nach einem Jahr ungeschützten Geschlechtsverkehrs nicht schwanger wird.

Bei Männern wird Unfruchtbarkeit demnach meist durch Probleme mit der Ejakulation, dem Mangel oder Fehlen von Spermien verursacht. Bei Frauen kann eine Reihe von Anomalien der Eierstöcke, der Gebärmutter, Eileiter oder auch hormonelle Probleme zu einer ungewollten Kinderlosigkeit führen.