Potsdam/Strausberg - Es ist eine Premiere in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg: Der Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE), der 170 000 Einwohner östlich der Berliner Stadtgrenze und auch die Tesla-Gigafactory versorgt, will künftig Trinkwasserkontingente verteilen. Und zwar für Spitzenzeiten etwa im Sommer, wenn das Wasser knapp wird. Es ist der erste Zweckverband, der zu diesem Instrument greift. „Wir wollen präventiv auch künftig eine gerechte Trinkwasserversorgung gewährleisten“, sagte WSE-Vorsteher André Bähler am Donnerstag dem Tagesspiegel. „Rationieren ist kein schöner Begriff: Wir wollen vorausschauend handeln.“

Zuvor hatte die Verbandsversammlung, in der die 16 WSE-Mitglieder-Kommunen wie Erkner, Woltersdorf, Strausberg oder Rüdersdorf vertreten sind, die WSE-Satzung verschärft. Mit Tesla habe dieser Schritt nichts zu tun, betonte Bähler. „Im Gegenteil, Tesla ist der erste und bisher einzige Kunde, dessen Verbrauch bereits gedeckelt ist.“ Der WSE fördert mit seinen vier Wasserwerken jährlich rund elf Millionen Kubikmeter Grundwasser, von denen für Tesla eine maximale Lieferung von 1,4 Millionen Kubikmetern vertraglich garantiert wird. Für neue Großansiedlungen dieser Art sind die Wasserkapazitäten offenbar ausgereizt. Nach einem Rbb-Bericht ist die Ansiedlung eines Rechenzentrums des Google-Konzerns in Neuenhagen (Märkisch-Oderland) gescheitert, da keine gesicherten Wasserlieferungen garantiert werden konnten.

Für andere Abnehmer als Tesla hat der WSE bisher keine Obergrenze. Das Problem seien die Spitzenzeiten, an denen laut Bähler „die Leute gleichzeitig die Rasensprenger aufdrehen und die Kühlsysteme in Unternehmen auf Hochtouren lassen“. Das führe zu Engpässen. Mit dem Zuzugs- und Ansiedlungsdruck in der Region verschärfe sich das Problem.

Wenn der WSE nicht umsteuert, so Bähler, „entscheidet die Physik.“ Das Druckleitungssystem sei eine Solidargemeinschaft, „alle haben denselben Wasserdruck“. Ziel sei es, in höher gelegenen Gegenden zu verhindern, „dass es nur rülpst, wenn der Wasserhahn aufgedreht wird“. Der WSE hat zwar seit Jahren an die Verbraucher appelliert, kein Wasser zu verschwenden, „aber mit begrenztem Erfolg“, so Bähler. Künftig wolle man mit den Kunden – besonders mit den großen – Obergrenzen vereinbaren. Würden diese dann nicht eingehalten, seien Sanktionen möglich, etwa Zwangsgelder. Dass der WSE nicht zimperlich ist, hatte Bähler im Konflikt mit Tesla demonstriert. Als der US-Konzern mal eine Rechnung für das Baustellenwasser nicht fristgerecht bezahlte, hatte der WSE der Gigafactory kurzerhand das Wasser abgedreht.

Zwar sind Kontingente nicht unumstritten, und es gab auch Gegenstimmen. Der Bürgermeister von Grünheide, Arne Christiani, hält den Schritt jedoch für überfällig: „Das hätte man auch ohne Tesla machen müssen.“ Allerdings wird auch die Vermutung geäußert, dass der WSE so den Druck auf die Umwelt- und Wasserbehörden Brandenburgs erhöhen will, um mehr Grundwasser als bisher fördern zu dürfen.

Erst am Wochenende hatte Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) auf das sich mit dem Klimawandel verschärfende Wasserproblem in der Mark hingewiesen – und auf nötige Anpassungsmaßnahmen in Forst- und Landwirtschaft oder im Gewässermanagement. „Am Ende wird es auch darum gehen, Entscheidungen zu treffen, wer priorisiert wird, wenn es um die Versorgung mit knapperen Wasserressourcen geht“, sagte Vogel auf einer Landesversammlung des Naturschutzbundes (Nabu). „Da steht die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung an erster Stelle.“ Man werde „in Zukunft nicht mehr alles im heutigen Umfang bedienen können, was an Wasserbedarf gemeldet wird.“