Darf es der Flat White in einem Refill-Cup sein?“, fragt die Bedienung in dem Hipster-Café in Prenzlauer Berg und hält den grünen Mehrwegbecher in der rechten, den braunen Einwegbecher in der linken Hand hoch. Solange die Kundin überlegt, wiegt er sie auf und ab. Sie entscheidet sich, fast etwas entschuldigend, für braun.

Seit dem 1. Januar gilt in Deutschland eine Mehrweg-Angebotspflicht. Alle Läden, die Getränke und Essen zum Mitnehmen verkaufen, müssen wiederverwendbare Becher oder Boxen anbieten. Und wie läuft’s da so? Laut einer Greenpeace-Erhebung noch nicht so nachhaltig.

In Berlin wurden 90 Stichproben genommen, wie Greenpeace dem Tagesspiegel exklusiv mitteilte. Davon neunmal bei McDonalds und siebenmal bei Burger King.Nur bei rund 51 Prozent der untersuchten Restaurants und Lieferdiensten besteht die Möglichkeit, einen Mehrwegbecher zu bekommen. Gerade mal 16 Einrichtungen bieten Mehrwegalternativen für das gesamte Essenssortiment an. Immerhin nur zwei davon verlangen für die Alternative einen Aufpreis, 33 Einrichtungen nehmen aber Pfand.

In Berlin wird das neue Gesetz gerade mal in zehn von 90 untersuchten Filialen vollständig eingehalten – alsoMehrweg für alle Plastik-Einwegverpackungen der verschiedenen Verkaufsgrößen, mit entsprechender Werbung und ohne Aufpreis angeboten. Bei den anderen 80 nicht, das sind 88,89 Prozent der von Greenpeace in Berlin untersuchten Gastronomiebetriebe, Fast-Food-Ketten und Imbissen, Lieferdiensten und Supermarkt-Frischetheken.

Berlin schneidet im bundesweiten Vergleich schlecht ab

Von wegen Öko-Stadt: Berlin schneidet damit schlecht ab. Zum Vergleich der Bundesdurchschnitt: Es wurden insgesamt 687 Einrichtungen untersucht, wovon sich 67,13 Prozent nicht vollständig an das Gesetz halten.

Benedikt Lux, Sprecher für Umweltpolitik und Verbrauchschutz bei den Grünen, plädiert vorerst für eine lange Leine für die Gastronomen. „Wichtig ist, dass Mehrwegangebote von den Kundinnen und Kunden nachgefragt werden“, sagte Lux dem Tagesspiegel Checkpoint. Davon erhoffe er sich nach und nach mehr Akzeptanz für das Gesetz. In ein paar Monaten könne er sich dann „stichprobenartige Kontrollen“ vorstellen.

Greenpeace ist deutlich strenger. Die Umweltorganisation fordert eine Durchsetzung der Mehrweg-Angebotspflicht durch die zuständigen Landesbehörden mit strafrechtlicher Verfolgung bei Verstößen. Zudem eine Erweiterung der Mehrweg-Angebotspflicht zur gesetzlichen Mehrweg-Pflicht für alle Einwegverpackungen – unabhängig davon, aus welchem Material sie bestehen. Außerdem fordert Greenpeace gesetzliche Vorgaben für einheitliche Mehrwegbehälter, die deutschlandweit bei jedem gastronomischen Betrieb oder separaten Automaten zurückgegeben werden können.

Die Greenpeace-Recherche zeigt, dass etwa bei McDonalds oder Burger King nur Getränke und Eis in Mehrwegverpackungen angeboten werden, andere Produkte weiter in Einwegverpackungen. Kentucky Fried Chicken bot nicht einmal für Getränke Mehrweg-Alternativen an, obwohl dies nun materialunabhängig für alle Einwegbecher verpflichtend ist. Mehrere tauschten zudem das Plastik der Einwegverpackungen gegen andere Materialien aus – und umgehen so das Gesetz, ohne die Müllmenge zu verringern.

In Deutschland entstehen laut Verbraucherzentrale Berlin täglich 770 Tonnen Verpackungsmüll durch Mitnahme-Verpackungen für Speisen und Getränke. Schon die Hälfte des Abfalls in den Meeren besteht aus Verpackungen von Lebensmitteln, Plastiktüten und Folien. Bei der öffentlichen Recherche „Deutschland macht den Mehrweg-Test“ wurde in allen Bundesländern und den größten deutschen Städten vom 1. bis 15. Januar getestet.