„Autos raus aus den Kiezen“ – diese Forderung erheben immer mehr Anwohner:innen in den Berliner Stadtquartieren. Dafür wollen sie „Kiezblocks“ genannte Zonen in ihren Vierteln einrichten. Statt für parkende oder fahrende Autos soll der öffentliche Raum in ihrer Nachbarschaft neu genutzt werden. Kinder sollen hier spielen und neue Orte des Zusammentreffens entstehen.

Nun bekommen die Initiativen auch in Mitte Rückenwind aus der Politik. Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) macht sich stark für die Einführung der verkehrsberuhigten Gebiete in seinem Bezirk. „Als Prinzip für Kieze ist das klasse“, sagte er. Die Straßen innerhalb der Wohngebiete wolle man vom Durchgangsverkehr und parkenden Autos befreien. Dafür sollten insbesondere die zentralen Kreuzungen innerhalb der Viertel verkehrsberuhigend umgestaltet werden.

Dort sollten Spielplätze und Freiflächen für die Anwohner entstehen, „um mehr Aufenthaltsqualität in der Straße zu erzeugen“, sagte Gothe. Initiativen unter anderem aus dem Sprengelkiez und dem Brüsseler Kiez in Wedding sowie aus der Spandauer Vorstadt hätten das Anliegen an den Bezirk herangetragen. Mit ihnen solle nun gesprochen werden, wie die Ideen umgesetzt werden können. Der Baustadtrat will das Thema auch am Freitagnachmittag bei einer Online-Veranstaltung mit Verkehrsstadträtin Sabine Weißler (Grüne) und den Bewohnern des Bezirks diskutieren.

Als Expertin geladen ist dann auch Franziska Schreiber. Sie arbeitet am Städtebau-Institut der Universität Stuttgart und hat sich intensiv mit dem Vorbild der hiesigen Initiativen, den „Superblocks“ aus Barcelona, beschäftigt. „Da gab es ganz unterschiedliche, positive Effekte“, sagte sie. Autos können dort viele Kreuzungen in Wohnvierteln nicht mehr queren, sondern müssen schmalen Einbahnstraßen folgen. Der Durchgangsverkehr wird dadurch herausgehalten. Auf den freigewordenen Flächen sind begrünte Stadtplätze entstanden.

Die Viertel seien für die Menschen so deutlich attraktiver geworden, sagte Schreiber. Die Zahl der Autos habe um 50 Prozent abgenommen, Fußgänger dafür 80 Prozent mehr Flächen im Straßenraum erhalten. „Es ist jetzt deutlich kinderfreundlicher.“ Auch aus wirtschaftlicher Sicht habe sich der Umbau gelohnt. „Weil die Aufenthaltsqualität verbessert wurde, halten die Menschen sich länger auf“, sagte Schreiber. Cafés und Einzelhändler würden stärker frequentiert.

Doch es gebe auch noch ungeklärte Punkte. „Die Frage ist, was mit dem Verkehr passiert, der verdrängt wird.“ In den Hauptstraßen könnte es voller werden. „Die umliegenden Quartiere, die nicht davon profitieren, sind da erst mal nicht so erfreut.“ Genaue Untersuchungen dazu fehlten aber noch. Auch Stadtrat Gothe sieht Probleme – vor allem beim Personal. „Es gibt Projekte, die sind ausgearbeitet und müssen nur noch umgesetzt werden, aber uns fehlt das Personal.“ Ein fertiges Konzept für die Lübecker Straße in Moabit warte etwa nur darauf, eingeführt zu werden.

Andere Bezirke sind da schon weiter. In Pankow gibt es Pläne für 19 Kiezblocks. Die ersten beiden im Komponistenviertel in Weißensee und im Arnimkiez in Prenzlauer Berg bereitet der Bezirk gerade vor. „Der Start der Verkehrsversuche ist im Sommer geplant“, sagte Stadtrat Vollrad Kuhn (Grüne). In Friedrichshain-Kreuzberg gibt es bereits Diagonalsperren gegen den Durchfahrtsverkehr im Samariter- und Wrangelkiez. Auch im Bergmannkiez tut sich etwas. Ab kommender Woche stellt der Bezirk Schilder auf, die Autos die Durchfahrt im Quartier verbieten. Zugleich sind Einbahnstraßen vorgesehen. Bis 2025 sollen Bergmannstraße und Chamissoplatz für Autos ganz gesperrt werden.

Mehr zur Online-Veranstaltung finden Sie unter: https://bit.ly/3xxWYb7